22. Januar 2016

Regionalkrimis aus dem Emons-Verlag ZEHN

Rezension zu "Der Blogger"





Dem Autor Patrick Brosi ist mit seinem Buch "Der Blogger" ein unglaublich komplexer, authentischer und realitätsnaher, intelligenter und spannender Kriminalfall mit für mich unerwartetem Ende gelungen. Ein besonderer Reiz des Romanes besteht für darin, dass die Geschichte zum Schluss des Buches zwar für den Leser nach einigen überraschenden Wendungen durchschaubar ist, jedoch einiges offen bleibt und nicht zum klassischen Krimi-Ende führt.

Der Enthüllungsblogger René Berger ist aus einem Ruderboot auf dem Titisee im Schwarzwald verschwunden, wohin er sich nach einer hochbrisanten Enthüllungsstory über einen Schweizer Pharmariesen, die weltweit Aufmerksamkeit erregte, zurückgezogen hatte.
Die junge Journalistin Marie Sommer, die den Blogger für eine Berliner online-Zeitung aufgespürt und interviewt hatte, ist ebenfalls verschwunden. Es war der Auftrag, der sie zu Erfolg und Berühmtheit führen sollte, nachdem ihr Germanistik-Studium durch eine verpatzte Hausarbeit vorzeitig beendet war und ihr Freund sie betrogen hatte. Begleitet in der Schwarzwald wurde Marie von Simon, einem Nerd aus der Technikredaktion des online-Blattes, der ebenfalls unauffindbar ist.
Kommissar Nagel von der Freiburger Kripo, ein einzelgängerischer und schrulliger Ermittler versucht Licht in die Angelegenheit zu bringen, indem er sich nicht seinem dynamischem Vorgesetzten beugt und auf eigene Faust Nachforschungen anstellt.

Das Buch ist in zwei verschiedene Zeitebenen aufgebaut, die sich im Laufe der Geschichte aneinander annähern. Der Strang in der Vergangenheit erzählt die Ereignisse vor dem Verschwinden des Bloggers René Berger aus dem Ruderboot, der zweite Strang beginnt mit den Ermittlungen unmittelbar nach dem Verschwinden von René Berger und verfolgt die Ereignisse danach.
Sehr geschickt werden vom Autor zusätzlich verschiedene Handlungsstränge aufgestellt und in den einzelnen Zeitsträngen verfolgt. Das gibt der Geschichte viel Tempo und Spannung, zumal nicht alle Handlungen geradlinig nachvollzogen werden können und unerwartete Wendungen und Zusammenführen eingebaut sind. Zu keinem Zeitpunkt entsteht trotz der vielen Verwicklungen beim Lesen Verwirrung, was vom Stil her eine grandiose Leistung ist.

Die Charaktere sind mit vielen Hintergrundinformationen sehr gut nachvollziehbar und teils liebevoll gezeichnet. Ein Sympathieträger ist eindeutig der skurrile, schrullige, eigenbrötlerische und mit Kreislaufproblemen und Übergewicht kämpfende Ermittler Andreas Nagel. Er bevorzugt chaotische Papierhaufen statt Ordner und Mappen, bastelt sich aus Joghurtbechern Kaffeefilter, versucht aus Liebe zu seiner Frau Irene abzunehmen und gräbt vor allem dort, wo andere sich zufrieden mit einer offensichtlichen und angebotenen Lösung schon abgewendet haben.

Ein weiterer Reiz des Buches besteht darin, dass es sich um einen Regionalkrimi aus dem Dreiländereck Deutschland - Schweiz - Frankreich handelt und bekannte Örtlichkeiten des Südschwarzwaldes mit Blick auf die Eigenheiten der Gegend in die Handlung einbezogen werden. Dass der Autor dabei einen kritisch-augenzwinkernden Blick auf deutsche Spießigkeit und die Vorgaukelung einer heilen vor-Alpinen Urlaubswelt wirft hat mir gut gefallen.

Fazit:
Das Buch bekommt von mit 5 Sterne und eine Leseempfehlung für Liebhaber spannender, aktueller, realitätsnaher und kluger Krimis mit Thrillerelementen.



Patrick Brosi

Der Blogger

Kriminalroman
Broschur
14,0 x 22,5 cm
456 Seiten
Erschienen im Emons-Verlag September 2015
Euro 14,95 [D] , 15,40 [AT]

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