31. Januar 2016

Regionalkrimis aus dem Emons-Verlag ZWÖLF

Rezension zu "Schreie im Nebel"





Äußerst bizarre Morde, ein eigenbrötlerischer Kommissar und eine herbstlich-melancholische Stimmung prägen diesen spannenden und geschickt verwirrenden Regionalkrimi vom Bodensee. Dass es sich dabei um ein Debüt handelt, merkt man nicht.

Kommissar Sito (Weintrinker, Zigarrenraucher und Verganer) wird zu einem extrem zugerichtetem Mordopfer in einer alten Fabrik gerufen: ein kopfüber hängender nackter Mann mit aufgeschnittener Kehle und ausgeblutet, wie Schlachtvieh drapiert. Nach einiger Zeit taucht am gleichen Ort ein weiterer Toter auf und es liegt für die Ermittler auf der Hand, dass es sich um einen Serientäter handeln muss.
Weitere grausame Morde folgen, die Oper werden fast alle im gleichen Raum, in der alten Fabrikhalle, positioniert.

Am Tatort taucht nach dem ersten Mord eine junge Malerin auf, die Zeichnungen der ersten Leiche besitzt. Dieses Detail der Ermittlungen und die Tatsache, dass der Mörder Sito zu kennen scheint und ihm mit seinen Taten eine Botschaft übermitteln will, schaffen eine sehr spannende und verwirrende Atmosphäre.

Der Kommissar ist als eigenbrötlerischer, melancholischer und komplizierter Charakter gezeichnet, der Geheimnisse zu hüten scheint und einen besonderen Bezug zu seinem Vater hat. Ein ebenso schwieriges und zwiespältiges Verhältnis zum Vater hat sein Kollege, der Profiler Dr. Enzig, der zum Ermittlerteam zählt, aber eigentlich durch Empfehlung seines Vaters von der Abteilung interne polizeiliche Ermittlungen auf Kommissar Sito angesetzt wurde.

"Ein Krimi ist für mich die Möglichkeit, meine Figuren an den äußersten Rand des Vorstellbaren zu schreiben, sie dort zu beobachten, immer zu wissen, dass ich sie genau kenne, dann zu entscheiden, wen ich wieder von dort zurückschreiben will."
Das schreibt die Autorin über die Charaktere ihres Buches, ich finde, ihr ist das hervorragend gelungen.

Ein wichtiger Ansatz der Handlung ist der Raum, in dem die Morde verübt wurden. Bei Nachforschungen über die frühere Verwendung der alten Fabrik treten Sachverhalte zutage, die zum einen bis in die Nazizeit zurückführen, zum anderen das Augenmerk der Ermittlungen auf die letzte Nutzung vor der Stilllegung richten. Dadurch ergeben sich viele Fäden und Möglichkeiten als Ansatz für die Motive der Morde, die das Ermittlerteam entwirren muss und die mir als Leser viele Möglichkeiten zum Rätselraten gegeben haben.

"Ein guter Krimi muss nachhaltig verwirren, nicht nur spannend unterhalten.", so die Autorin dazu.

Im letzten Teil des Buches ist der Mörder dem Leser bekannt und der Krimi entwickelt sich für meinen Geschmack zu sehr in Richtung Psychothriller.
Der Showdown passt mit der physisch und psychisch plötzlich enorm gesteigerten und sehr greifbaren Gewalt meiner Meinung nach nicht ganz zum Rest des Buches, das eher von Verwirrung und dem Verfolgen verschiedener Wege der Ermittlungen in der Vergangenheit und in der Gegenwart lebt.
Deshalb erhält dieser ansonsten hervorragende und sehr intelligent konstruierte Krimi von mir einen Punkt Abzug in der Wertung.

Fazit:
Psychologisch sehr ausgefeilter und anspruchsvoller Krimi, der Verwirrung und Spannung zugleich schafft, am Ende für meinen Geschmack jedoch zu sehr Thriller-like daher kommt.


Tina Schlegel

Schreie im Nebel

Bodensee Krimi
Broschur
13,5 x 20,5 cm
384 Seiten
Erschienen im Emons-Verlag Oktober 2015
Euro 11,90 [D] , 12,30 [AT]

25. Januar 2016

Regionalkrimis aus dem Emons-Verlag ELF

Rezension "Der Engel bin Graz"




Kommissar Armin Trost, mit kaputter Familie, dem Wahnsinn nahe im Baumhaus auf seinem Grundstück lebend, um das spurlose Verschwinden eines Kollegen wenigstens nachts ausblenden zu können, ermittelt im vierten Band der Grazer Krimi-Serie in eine Reihe von bestialischen Morden nach historischen Vorbildern.

Dass er verrückt ist, ein Einzelgänger, der sich Anweisungen schwer bis gar nicht beugen kann und Ansätze von soziopathischen Zügen aufweist, schmälert seinen Ruf in Graz als Star-Ermittler weder bei der Lokalpresse noch bei seinen Kollegen. Zu seiner so düsteren persönlichen Situation und dem verschwundenen Kollegen Schulmeister, der Trost wie ein nebeliger Schatten verfolgt, kommt hinzu, dass sein sonst so zielsicherer Instinkt bei den aktuellen Morden versagt, er spürt und ermittelt nichts.

Die Geschichte wirkt insgesamt sehr düster und grotesk. Dafür sorgt nicht nur der Charakter von Armin Trost selbst, sondern auch genug verrückte andere Charaktere, die im Laufe der Ermittlung auftauchen.
Ein Polizist, der sich Graf nennt und der sich mehr als hingezogen fühlt zur schönen jungen Kollegin Trosts und sich zu deren Verfolger und selbsternanntem Beschützer aufschwingt, ein verhärmter Professor, dessen Faible für historische bestialischen Morde fast schon pathologisch anmutet, ein nerviger junger aufstrebender Journalist, der sich an Trosts Fersen heftet.

Der Autor gestaltet die Charaktere genauso dunkel und verrückt wie die gesamte Handlung, gibt ihnen als Bonbon Namen wie Schleicher für den Assistenten und grauen Schatten des Professors, Anfänger für den jungen Journalisten, Trost für den abgewrackten Kommissar, der Trost nötig hat.

Der Kommissar Trost ist in diesem Band schwer greifbar, fast verhuscht und abgeschottet in seinen Gedanken. Man spürt seine innere Zerrissenheit und das Gehemmtsein durch das Verschwinden seines Kollegen, er dreht sich wie in einem Teufelskreis und kann daraus nicht auftauchen. Mir hätte etwas mehr Basiswissen aus den vorherigen Bänden zu dieser Figur sicher gut getan, aber es ist nicht zwingend erforderlich, die ersten Bände zu kennen.

Die Sprache hat mir sehr gut gefallen, sie ist jedoch ungewöhnlich und sicher gewöhnungsbedürftig.
Stellenweise lässt sich fast ein gedichtähnlicher Rhythmus durch die Knappheit und Prägnanz einiger Sätze finden, die mich gleichzeitig an Blitzlichter erinnern, die nur ganz kurz etwas ausleuchten. An vielen Stellen verbreitet der Autor sehr düstere Stimmung, die den Leser die Angst fast greifbar werden läßt.

Am Ende des Buches entwickelt sich ein verrücktes und spannendes Finale, bei dem die Morde logisch und zufriedenstellend aufgeklärt werden. Ein paar Fäden bleiben jedoch gekonnt offen und wecken das Interesse des Lesers nach weiteren Bänden.

Fazit:
Düsterer und verrückter Krimi mit Grazer Lokalkolorit, der gut recherchiert, spannend und unterhaltsam ist.


Robert Preis

Der Engel von Graz

Kriminalroman
Broschur
13,5 x 20,5 cm
224 Seiten
Erschienen im Emons-Verlag Oktober 2015
Euro 9,90 [D] , 10,20 [AT]

22. Januar 2016

Regionalkrimis aus dem Emons-Verlag ZEHN

Rezension zu "Der Blogger"





Dem Autor Patrick Brosi ist mit seinem Buch "Der Blogger" ein unglaublich komplexer, authentischer und realitätsnaher, intelligenter und spannender Kriminalfall mit für mich unerwartetem Ende gelungen. Ein besonderer Reiz des Romanes besteht für darin, dass die Geschichte zum Schluss des Buches zwar für den Leser nach einigen überraschenden Wendungen durchschaubar ist, jedoch einiges offen bleibt und nicht zum klassischen Krimi-Ende führt.

Der Enthüllungsblogger René Berger ist aus einem Ruderboot auf dem Titisee im Schwarzwald verschwunden, wohin er sich nach einer hochbrisanten Enthüllungsstory über einen Schweizer Pharmariesen, die weltweit Aufmerksamkeit erregte, zurückgezogen hatte.
Die junge Journalistin Marie Sommer, die den Blogger für eine Berliner online-Zeitung aufgespürt und interviewt hatte, ist ebenfalls verschwunden. Es war der Auftrag, der sie zu Erfolg und Berühmtheit führen sollte, nachdem ihr Germanistik-Studium durch eine verpatzte Hausarbeit vorzeitig beendet war und ihr Freund sie betrogen hatte. Begleitet in der Schwarzwald wurde Marie von Simon, einem Nerd aus der Technikredaktion des online-Blattes, der ebenfalls unauffindbar ist.
Kommissar Nagel von der Freiburger Kripo, ein einzelgängerischer und schrulliger Ermittler versucht Licht in die Angelegenheit zu bringen, indem er sich nicht seinem dynamischem Vorgesetzten beugt und auf eigene Faust Nachforschungen anstellt.

Das Buch ist in zwei verschiedene Zeitebenen aufgebaut, die sich im Laufe der Geschichte aneinander annähern. Der Strang in der Vergangenheit erzählt die Ereignisse vor dem Verschwinden des Bloggers René Berger aus dem Ruderboot, der zweite Strang beginnt mit den Ermittlungen unmittelbar nach dem Verschwinden von René Berger und verfolgt die Ereignisse danach.
Sehr geschickt werden vom Autor zusätzlich verschiedene Handlungsstränge aufgestellt und in den einzelnen Zeitsträngen verfolgt. Das gibt der Geschichte viel Tempo und Spannung, zumal nicht alle Handlungen geradlinig nachvollzogen werden können und unerwartete Wendungen und Zusammenführen eingebaut sind. Zu keinem Zeitpunkt entsteht trotz der vielen Verwicklungen beim Lesen Verwirrung, was vom Stil her eine grandiose Leistung ist.

Die Charaktere sind mit vielen Hintergrundinformationen sehr gut nachvollziehbar und teils liebevoll gezeichnet. Ein Sympathieträger ist eindeutig der skurrile, schrullige, eigenbrötlerische und mit Kreislaufproblemen und Übergewicht kämpfende Ermittler Andreas Nagel. Er bevorzugt chaotische Papierhaufen statt Ordner und Mappen, bastelt sich aus Joghurtbechern Kaffeefilter, versucht aus Liebe zu seiner Frau Irene abzunehmen und gräbt vor allem dort, wo andere sich zufrieden mit einer offensichtlichen und angebotenen Lösung schon abgewendet haben.

Ein weiterer Reiz des Buches besteht darin, dass es sich um einen Regionalkrimi aus dem Dreiländereck Deutschland - Schweiz - Frankreich handelt und bekannte Örtlichkeiten des Südschwarzwaldes mit Blick auf die Eigenheiten der Gegend in die Handlung einbezogen werden. Dass der Autor dabei einen kritisch-augenzwinkernden Blick auf deutsche Spießigkeit und die Vorgaukelung einer heilen vor-Alpinen Urlaubswelt wirft hat mir gut gefallen.

Fazit:
Das Buch bekommt von mit 5 Sterne und eine Leseempfehlung für Liebhaber spannender, aktueller, realitätsnaher und kluger Krimis mit Thrillerelementen.



Patrick Brosi

Der Blogger

Kriminalroman
Broschur
14,0 x 22,5 cm
456 Seiten
Erschienen im Emons-Verlag September 2015
Euro 14,95 [D] , 15,40 [AT]

21. Januar 2016

Regionalkrimis aus dem Emons-Verlag NEUN

Rezension zu "Goethes Leichen"





Im historischen Kriminalroman von Paul Kohl aus dem Emons-Verlag stecken neben einer teuflisch-spannenden und teils surrealen Handlung sehr gute Beschreibungen der vor-revolutionären misslichen Zustände in Weimar in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Goethe hat sich im Roman tatsächlich mit Mephistopheles eingelassen und tritt in sehr finsterer und selbstherrlicher Art so ganz unklassisch und inhumanistisch als drähteziehender Geheimrat des Herzogs Karl August in Erscheinung.

Der Archivar Kestner wird 1783 nach Weimar entsandt, um eine wertvolle Zeichnung zurück zu ihrem rechtmäßigen Eigentümer, Kurfürst Georg III, nach Hannover zu bringen. Während Kestner gemeinsam mit seinem Gehilfen Lorenz in Weimar dem wertvollen Blatt nachjagt gerät er in einen Strudel aus Verbrechen und Missständen, die ihn zu Nachforschungen bewegen. Die erhoffte Hilfe von seinem alten Freund Geheimrat Goethe bleibt aus, weil dieser um Aufdeckung seiner finsteren Machenschaften fürchtet. Verfolgt und bedroht von Mephistopheles geraten Kestner und Lorenz in tödliche Gefahr.

Das Buch lebt zum einen von der intelligent konstruierten Handlung, zum anderen vom sehr gut recherchierten historischen Hintergrund der Zustände und Figuren im Weimar des 18.Jahrhunderts. Sehr bildhafte Beschreibungen lassen beim Lesen Kopfkino entstehen und man fühlt sich in Goethes Klassikerstadt versetzt. Historische Gebäude, Personen und Ereignisse der damaligen Zeit werden geschickt mit der fiktiven Handlung verknüpft, so dass ich mich als Leser teilweise wirklich durch das spätherbstliche mystische und stinkende Weimar eilen sah, umgeben von finsteren Gestalten. Die Beschreibung der unfassbar grausamen Zustände und Ungerechtigkeiten haben mich den Atem anhalten lassen und die unglaublichen menschlichen Abgründe der Drahtzieher ließen mich frösteln.

Der gut lesbare Sprachstil und die Zeichnung der Charaktere passt für mich sehr gut zu einem historischen Krimi. Alle handelnden Charaktere haben vom Autor einen plausiblen, glaubhaften und zum Teil sehr tragischen Hintergrund erhalten und wirken dadurch dreidimensional. Dass dabei Klassiker von Goethe als Figurenvorlagen herangezogen werden und dass Goethe selbst als Finsterling erscheint macht die besondere Würze dieses Buches aus.

Einen kleinen Kritikpunkt habe ich jedoch, wobei das ein sehr persönliches Empfinden ist. Im letzten Viertel des Buches glitt mir die Handlung zu sehr ins Surreale ab. Das passt zwar zur Mephistopheles-Geschichte und ist sicher auch ein kluger Kniff, um einen fulminanten Showdown zu erzeugen, hat mir persönlich aber nicht so gut gefallen, weshalb ich einen Stern abziehe.

Fazit:
Wer kluge historische Krimis an realen Schauplätzen und Vermischung von Geschichte und Fiktion liebt, ist bei diesem spannenden Buch bestens aufgehoben.





Paul Kohl

Goethes Leichen

Historischer Kriminalroman
Broschur
13,5 x 20,5 cm
288 Seiten
Erschienen im Emons-Verlag Oktober 2015
Euro 11,90 [D] , 12,30 [AT]

20. Januar 2016

Regionalkrimis aus dem Emons-Verlag ACHT

Rezension zu "Stumme Wasser"




Schweigende Dorfbewohner, die ein Geheimnis vergangener Zeiten hüten, eine ehemalige Künstlerkolonie, ein Kunsthistoriker und Professor, der auf Einladung eines alten Freundes in ein kleines Dorf an der winterlichen Ostseeküste reist, wertvolle Gemälde sowie ein Mord sind die Zutaten zu diesem atmosphärisch dichtem Krimidebüt.

Der Kunsthistoriker Richard Guben reist auf Einladung eines langjährigen Künstlerfreundes Friedrich Semmering kurz vor Weihnachten nach Fahrenende, einem kleinen Ostseedorf. Als Guben dort eintrifft findet er seinen Freund erschlagen in dessen Haus vor. Zusammen mit Semmerings Enkelin Johanna versucht Richard Guben, ein mysteriöses Bild, wegen dem ihn sein Freund eingeladen und um Hilfe gebeten hatte, zu finden.
Die beiden kommen dabei alten Geheimnissen auf die Spur, stoßen auf eine Mauer des Schweigens unter den Dorfbewohnern und geraten selbst in tödliche Gefahr, während ein Schneesturm an der winterlichen Küste wütet.

Die Handlung beginnt mit einem Prolog aus der Vergangenheit, der sehr eindringlich eine gefährliche Situation mit offenem Ausgang darstellt und von Anfang an Spannung aufbaut. Im weiteren Verlauf des Buches wird die Handlungslinie hauptsächlich in die Gegenwart verlegt, ohne die Vergangenheit aus den Augen zu verlieren. Dadurch ergibt sich eine geheimnisvolle Verbindung für den Leser, die aufgedeckt werden will. Bis zum Ende des Buches, das für mich überraschend und logisch ist, wird der Spannungsbogen geschickt gehalten, um in einem fulminanten Finale mit klassischer Showdown-Situation fast unerträglich zu werden.

Das Buch ist in einem leicht verständlichen und doch sehr bildhaften Sprachstil geschrieben. Die winterliche Küstenlandschaft und der Sturm tauchten beim Lesen vor meinem inneren Auge auf. Ebenso gut beschrieben sind die zurückhaltend schweigenden  und geheimniskrämerischen mecklenburgischen Dorfbewohner. Mit diesem Regionalkrimi wurde durch schöne Beschreibungen bei mir die Sehnsucht geweckt, den Winter mit klirrender Kälte und Stürmen an der Meeresküste zu verbringen.

Fazit
Sehr empfehlenswerter Regionalkrimi mit klug durchdachter und spannender Handlung, schönen und sehnsuchtsvollen Bildern von der winterlichen Ostsee in angenehmen Sprachstil.


Anja Behn

Stumme Wasser

Küsten Krimi
Broschur
13,5 x 20,5 cm
176 Seiten
erschienen im Emons-Verlag Oktober 2015
Euro 9,90 [D] , 10,20 [AT]

18. Januar 2016

Regionalkrimis aus dem Emons-Verlag SIEBEN

Rezension zu "Ruhrkälte"



Regionalkrimis aus dem emons-Verlag sind für mich mittlerweile ein Markenzeichen für gut durchdachte und spannenden Geschichten mit viel Lokalkolorit. Diesen Anspruch hat das Debüt von Birgit Salutzki "Ruhrkälte" für mich erfüllt.
Mit viel Herz für Fußball, Metal-Musik, Ruhrpott-Sentimentalität und Unkonventionalität hat die Autorin einen einen wirklich intelligent aufgebauten und bis zum Ende vertrackt undurchschaubaren Fall konstruiert, der mich sehr gefesselt und dessen Lösung mich zum Schluß überrascht hat.

Zum Inhalt:

Am Vorabend des Derbys Borussia gegen Schalke04 erhält Willi Kruschinski, der Platzwart der Glückauf-Kampfbahn, eine SMS, die ihn veranlasst, den Platz nachts zu kontrollieren.
Er findet die bestialisch zugerichtete Leiche von Valentin Bergmann, dem Sänger der Metal-Band Stealheart.
Die Presse puscht den Mord zu einem Fankrieg zwischen Borussia und Schalke04 auf und die Situation droht zu eskalieren.
Oberkommissar Marius Pérez, Biker, Metal-Fan und Halbspanier, wird erstmals mit der Teamleitung zur Ermittlung in dieser Mordsache betraut. Ihm zur Seite steht Melanie Klein, die sich im Verlauf der Handlung von der hilfsweise hinzugezogenen Sekretärin aus Personalmangel zur unentbehrlichen Partnerin von Pérez mausert.
Kurz darauf stirbt bei einer Unterwasserhochzeit im Tauchrevier Gasometer Duisburg, bei der Pérez als Gast teilnimmt, einer der Hochzeitsgäste und der Oberkommissar ermittelt privat auch in diesem Fall und stößt dabei fast an seine Grenzen.

Die Geschichte ist spannend aufgebaut und leicht verständlich geschrieben. Viele Schauplätze leben vom lokalen Charakter der Ruhrpotts und sind sehr anschaulich beschrieben, so dass man sich als Leser fast als vor Ort befindlich fühlt.

Es werden neben den beiden Hauptsträngen um die beiden Morde ein paar weitere Fäden an Nebenschauplätzen gesponnen, die nicht alle am Ende des Buches zu einer Lösung führen, weil die Geschichte als Serie um den Ermittler Pérez angelegt ist. Das hat mich ehrlich gesagt ein klein wenig gestört, doch ich denke, in der Fortsetzung wird einiges wieder aufgegriffen und geklärt.
Die wesentlichen Handlungsstränge sind am Ende des Buches klar und logisch aufgelöst.

Oberkommissar Marius Pérez ist ein sympathischer und freidenkerischer Charakter. Er liebt seine Harley wie eine Frau, "trinkt" Musik, besonders Metal-Musik, und fühlt sich in seiner Lederkluft am wohlsten. Seine Methoden sind zwar unkonventionell, er ist jedoch kein abgehalfterter Einzelkämpfer wie so viele andere Ermittler in Krimis, der einen Sonderstatus bei seinem Vorgesetzten hat.
Durch seine lockere Art steht er dem Pott und seinen Bewohnern sehr nahe und wird nicht als Bulle abgekanzelt.
Zu den übrigen Charakteren hätte ich mir manchmal mehr Hintergrundwissen gewünscht, dennoch sind sie gut ausgearbeitet und gestalten die Geschichte dadurch dreidimensional.

Fazit:
Ein kluger und spannend aufgebauter Ruhrpott-Krimi, der mich sehr gut unterhalten und dessen Ende mich überrascht hat.


Birgit Salutzki

Ruhrkälte

Ruhr Krimi
Broschur
13,5 x 20,5 cm
240 Seiten
Erschienen im emons-Verlag November 2015
Euro 9,90 [D] , 10,20 [AT]

16. Januar 2016

Regionalkrimis aus dem emons-Verlag SECHS

Rezension "Der Kopf des Korsen"




Frag die Alten und verprügele die Jungen - so lautet das Resümee aus dem berühmten Comic "Asterix auf Korsika", dessen sich der Autor als wunderbares Klischee für die Insel der Schönheit bedient.

Nach einer Pleite in Paris wird der korsische Polizist Jaques Andreotti und der Undercover-Ermittler Andrea Lefèvre auf Korsika zu ihrer eigenen Sicherheit zwangsversetzt. Beide gehen widerwillig auf die Insel, Andreotti wegen der Familienprobleme mit seiner typisch korsisch-kauzigen Schwiegermutter und Lefèvre, weil er Andreotti die Schuld an seinem Auffliegen als Undercoverermittler bei der Mafia in Paris gibt und wegen ihm auf dem Felsen der Verrückten festsitzt.
Auf Korsika agieren die beiden offiziell als Sonderermittler für eine Vendetta zwischen zwei verfeindeten korsischen Familien, die nicht das ist, was sie auf den ersten Blick zu sein scheint. Sie räumen sehr unkonventionell und gewaltig auf und stechen dabei in ein Wespennest nach dem anderen.
Das bleibt nicht verborgen, insbesondere nicht vor der Mafia und dem Paten von Paris, der auf Rache für die Ermordung seines Sohnes durch Andreotti und den Verrat durch Lefèvre sinnt und ein hohes Kopfgeld auf die beiden aussetzt, was psychopathische Profikiller auf den Plan ruft und auf die Insel führt.
In einem fulminanten Showdown unter Beteiligung von Freunden, Familie und einer Riesenportion korsischer Verrücktheit und Stolz findet die Geschichte ein wahrscheinlich typisch korsisches Ende.

Jean Renaud schafft es auf sehr amüsante und spannende Weise, den Leser in den Bann zu ziehen. Das beruht zum einen auf der Handlung selbst, die sich intelligent und logisch aufbaut, zum anderen an der Beschreibung von Orten, Ereignissen und Charakteren, die hervorragendes Kopfkino bilden und oft mit einem zwinkernden Auge versehen sind. Ich mochte beim Lesen besonders die als typisch korsisch anzusehenden Klischees, die mittels eines Asterix-Comics erklärt wurden und sowohl Lefèvre als auch mir den Gedanken entlockten: Die spinnen, die Korsen!

Eine korsische kriminelle Geschichte braucht ein paar Tote und viel Stolz, beides wird dem Leser wohldosiert und auf spannende Weise geboten, wie immer mit dem zwinkernden Seitenblick auf korsische Mentalität. Sehr stimmig und dicht sind die Beschreibung von Schlüsselereignissen wie zum Beispiel die Beerdigung eines Clanmitgliedes in dem winzigen korsischen Bergdorf La Rocca zu Beginn des Romanes, bei dem man die Kälte und den korsischen Stolz förmlich aus den Zeilen zu tröpfeln vermeint.

An gut beschriebenen Charakteren mangelt es dem Buch nicht. Die beiden Hauptcharaktere Andreotti und Lefèvre erhalten Tiefe durch Hintergrundinformationen zu Familie. Man findet eine Vielzahl kauziger Nebencharaktere, wie der Gendarm Pepin oder die kettenrauchende Polizistin Florentine, das passt sehr gut zur Geschichte und stört den Lesefluss in keiner Weise.

Der "Kopf des Korsen" ist für mich in diesem Jahr das Krimi-Highlight wegen der geschickten Verknüpfung von spannenden unvorhersehbaren Handlungssträngen gewürzt mit einer ordentlichen Prise Humor und den kauzig-schrulligen Charakteren, das alles angesiedelt auf einer Mittelmeerinsel, die Urlaubsgefühle verbreitet. Ich hoffe sehr auf eine Fortsetzung mit den beiden Ermittlern auf Korsika.

Jean Renard

Der Kopf des Korsen

Korsika Krimi
Broschur
13,5 x 20,5 cm
480 Seiten
Erschienen im emons-Verlag Juli 2015
Euro 11,90 [D] , 12,30 [AT]

15. Januar 2016

Regionalkrimis aus dem Emons-Verlag FÜNF

Rezension zu "Das große Schweigen"




Bereits nach den ersten paar Seiten hat der vorliegende Thriller derartig Spannung aufgebaut, dass ich das Buch nicht weglegen konnte und einfach weiterlesen musste. Und die Spannung steigt im Laufe des Buches immer mehr und löst sich erst im Epilog.

Im Buch begleitet der Leser ein Stück des Lebensweges von Primerose, der Tochter eines reichen Berner Anwalts, auf den ein lebensbedrohlicher Anschlag verübt wurde. Sie ist ehemalige Polizeibeamtin und arbeitet seit längerem für die Kanzlei ihres Vaters als IT- und Sicherheitsbeauftragte, was sie dafür prädestiniert, den Anschlag an ihrem Vater gemeinsam mit der Polizei aufzuklären.
Sie gerät dabei selbst ins Fadenkreuz des gnadenlosen Killers, der nacheinander ihre Freunde und die Kollegen und Partner ihres Vaters tötet und dabei nicht greifbar erscheint.
Und alles scheint irgendwie mit einem dunklem Kapitel in der Vergangenheit der Schweiz zusammenzuhängen, den administrativ Versorgten, wo Kinder durch bloße Beamtenentscheidung weggesperrt werden konnten und in das Primrose's Großvater verwickelt zu sein scheint.

Die Grundstimmung des Thrillers ist neben der stellenweise unerträglichen Spannung schockierend, düster und von menschlichem Leid geprägt, ohne widerwärtig blutig zu sein.
Das Buch ist definitiv keine Lektüre für zart Besaitete, da mit psychiologischen Abgründen gespielt wird, die nachhallen und nachwirken.

Der Schreibstil selbst spielt mit den Gefühlen der Leser und ist extrem packend. Ich musste mich beim Lesen manchmal zwingen, wieder Luft zu holen und zu zwinkern, so gut erzeugt die Autorin Kopfkino bei Lesen.
Im Laufe der intelligent konstruierten Handlung hat man keine Idee, wer der Killer sein könnte, die Morde werden immer grausamer und man kommt sich als Leser fast genauso hilflos wie die Ermittler vor.
Kurz aufatmen kann man nach etwa 2/3 der Lektüre, bevor die Geschichte im bewährter Manier guter Spannungsliteratur zum grandiosen Showdown ansetzt, der sich bin auf die letzte Seite vor dem Epilog fortsetzt. Bravo dafür!

Die Charaktere sind mit ihren Stärken und Schwächen glaubhaft und realistisch gezeichnet, durch zusätzliche Informationen, die nicht unmittelbar mit dem Hauptstrang der Handlung zu tun haben, erscheinen sie sehr lebendig. Man kann sich als Leser sehr gut in die Hauptprotagonisten hinein versetzen und fiebert bei deren Erlebnissen dadurch viel intensiver mit.

Das Buch ist in verständlichem Stil mit angenehm schnörkelloser Sprache verfaßt und in überschaubare Kapitel eingeteilt, was verbunden mit den Orts- und Zeitwechseln das Tempo und die Spannung erhöht.

Fazit:
Ich gebe eine klare Leseempfehlung für diesen intelligenten und extrem spannenden Thriller, der mich nach dem Zuschlagen des Buches paralysiert zurückgelassen hat.


Katja Montejano

Das große Schweigen

Kriminalroman
Broschur
13,5 x 20,5 cm
256 Seiten
Erschienen im emons-Verlag Juli 2015
Euro 9,90 [D] , 10,20 [AT]

14. Januar 2016

Regionalkrimis aus dem Emons-Verlag. VIER






Kunstraub durch Nazis, ein berühmtes Gemälde, das zuletzt in Göhrings Besitz war und ein Ex-Häftling auf Bewährung, der über Leichen stolpert und eine ungezügelte Neugier auf seine Nachbarn hat ergeben einen raffinierten, überzeugenden und spannenden Kriminalroman.

Der Ex-Häftling Konstantin Neumann ist auf Bewährung entlassen und dank der Vermittlung seiner Schwester bewohnt er eine schöne Altbauwohnung in einer ruhigen Wohngegend in Münster. Er stellt in seinem Haus seltsame nächtliche Aktivitäten fest und findet kurz darauf die Leiche einer jungen Frau im Treppenhaus, die seine Neugier weckt sowie eine korpulente und sehr rabiate Kommissarin auf den Plan ruft. Bei Nachforschungen stößt Konstantin auf einen verschollenen Vormieter und auf seltsame Verbindungen der übrigen Hausbewohner untereinander, die alle ungewöhnlich wohlhabend sind. Besonders interessant erscheint ihm der Alte im Erdgeschoss, bei dem Konstantin eine sehr dunkle Vergangenheit und merkwürdige Verbindungen zur Kunstszene in der Gegenwart vermutet. Unterstützt wird Konstantin bei seinen Nachforschungen von einem ehemaligen Mithäftling und Kunstfälscher, der wie viele andere in dieser Geschichte auf der Suche nach während der Nazizeit verschollenen Gemälden ist.

Die Handlung lebt von interessanten, geheimnisvollen und teilweise skurrilen Charakteren und immer wieder überraschenden Wendungen. Der Protagonist und Antiheld Konstantin agiert teilweise recht naiv und stolpert, obwohl er eine kluge Person ist, von einem Malheur zum nächsten. Überwacht und überrascht wird er von Kommissarin Finke, die auf ihn anfangs bedrohlich und einschüchternd wirkt, und das nicht nur wegen ihrer Körperfülle, aber trotz Resolutheit das Herz am rechten Fleck hat und viel Fürsorge und Klugheit und Humor beweist.

Der lockere aber dennoch situativ angepasste Stil des Buches macht das Lesen zum Vergnügen und hat mir sehr gefallen. Die fesselnde Schreibweise der Autorin und das häppchenweise Auflösen der verwickelten Geschichte verbunden mit dem hochinteressanten Hintergrund ergeben einen höchst ausgefeilten und raffinierten Kriminalroman, für den ich volle 5 Sterne vergebe.

Der Prolog der Geschichte beruht übrigens auf Tatsachen:
Das berühmte Bild von Franz Marc "Der Turm der blauen Pferde" verschwand nach dem Krieg angeblich aus dem "Haus Waldsee" und gilt seitdem als verschollen. Ebenso wahr ist die Passage zum Kunstfund aus der Sammlung Gurlitts (Schwabinger Kunstfund). Die im Buch erzählte Geschichte selbst ist zwar fiktiv, aber klug gewürzt mit ein paar reellen Ereignissen liefert dies einen ganz besonderen Reiz.


Sabine Schulze Gronover

Die Flucht der blauen Pferde

Kriminalroman
Broschur
13,5 x 20,5 cm
320 Seiten
Erschienen im Emons-Verlag September 2015
Euro 10,90 [D] , 11,30 [AT]

13. Januar 2016

Rezension "Die Geschichte des Regens"



"Die Geschichte des Regens" ist ein wunderbares Buch über eine irische Familiengeschichte und über die Liebe zur Literatur, zum Ausdruck gebracht von einem todkranken 19jährigen irischem Mädchen, das sich mir erst mit einiger Mühe erschlossen hat.

Ruth Swain ist durch schwere Krankheit an ihr Bett gebunden und lebt im Dachgeschoss ihres Elternhauses umgeben von 3589 Büchern ihres Vaters und dem Regen, der über ihr Dachfenster fließt. Sie spürt den Geschichte ihrer Familie nach, die geprägt ist vom Literaturbesessenen und als Bauer sehr erfolglosem Vater Virgil, dessen Vermächtnis die sie umgebenden Figuren der von Virgil gesammelten Bücher sind. Ruth taucht als Erzählerin in die Bücherwelten ein und kann so ihren Krankheit entfliehen. Die Geschichte ist geprägt von vielen skurrilen Gestalten wie Ruth's Urgroßvater Reverend Absalom, Großvater Abraham, der durch Stabhochsprung versucht zu Gott zu gelangen und von ihrer Mutter Mary und Vater Virgil, die mit viel Elan und Rückschlägen versuchen, völlig unfruchtbares Land zu bewirtschaften. An den Rändern der Geschichte erscheint immer wieder der ewige Regen und der Fluß Shannon, der sich sowohl hinter dem Haus der Familie als auch durch die Geschichte schlängelt.

Das Buch ist eine anekdotenhafte Liebeserklärung an viele Literarische Werke, zu der ich nicht von Anfang an Zugang fand. Der mäandernde und in keiner Weise chronologische Stil, die Unterbrechungen für vielen Bezüge auf Bücher und die anfangs für mich schwer überschaubare Personenzahl haben beim Lesen ungewöhnlich viel Konzentration erfordert und ich musste mich zunächst an die ungewöhnliche Erzählweise gewöhnen. Es ist dennoch eine wunderbar komische und zugleich tragische irische Geschichte, für die sich die Mühe lohnt, denn am Ende, als ich das Buch zuklappte, war ich ein wenig wehmütig, Ruth und ihre Familie verlassen zu müssen.
Ich vergebe 4 Sterne für diesen außergewöhnlichen Roman, der mir nach Anlaufschwierigkeiten ein ganz besonderes Lesevergnügen beschert hat.

"Die Geschichte des Regens" stand 2014 auf der Longlist des renommierten Booker-Preises und erhielt viele lobende Kritiken.

Niall Williams " Die Geschichte des Regens"
€ 22,99 [D] € 23,70 [A] |  CHF 30,90* 
(* empf. VK-Preis)

Gebundenes Buch mit SchutzumschlagISBN: 978-3-421-04687-1

Erschienen: 12.10.2015  
im DVA-Verlag (Verlagsgruppe Random House)


12. Januar 2016

Regionalkrimis aus dem Emons-Verlag DREI

Rezension zu "Weinstraßenrache" von Markus Guthmann



Pfälzer Gemütlichkeit, Weinseeligkeit und viele Weihnachtsmärkte spielen eine wesentliche Rolle in diesem Regionalkrimi " Weinstraßenrache" von Markus Guthmann aus dem emons-Verlag. Es ist der sechste Band einer Reihe um den ermittelnden Oberstaatsanwalt Röder, wobei sich das Buch für mich sehr gut ohne Kenntnis der Vorgängerbände lesen ließ.

Die Pfalz in der Adventszeit nach den Weinfesten mit vielen Weihnachtsmarktbeschreibungen und Marktbesuchen und mit mindestens ebenso vielen Weinschorlen und Glühweingetränken sowie der damit verbundenen Wein-romantischer Stimmung  ist das Setting des vorliegenden Kriminalfalles.
Die vorweihnachtliche Gemütlichkeit wird jäh unterbrochen durch den Mord an einem Weihnachtsmann auf einem der Märkte, den Oberstaatsanwalt Röder bei einem Familienausflug findet.
Gemeinsam mit seinem Freund Hauptkommissar Steiner, seinen Mitarbeitern und durch tatkräftige Unterstützung vom Edelwinzer Hellinger stellt Röder Ermittlungen an, die zunächst ins Drogenmilieu weisen, später aber auf die Verknüpfung mit einer alten Stasi-Geschichte hindeuten. Dass die Untersuchungen dabei recht unkonventionell und ebenso weinseelig vonstatten gehen gehört wohl zur Besonderheit dieser Krimireihe und führt dazu, dass Oberstaatsanwalt Röder selbst in den Fokus des Mörders und in Lebensgefahr gerät.
Aber wir wären nicht in der Pfalz, wenn sich nicht vieles mit einem Dubbeglas Weinschorle wieder regeln ließe.

Die kriminalistische Handlung des Buches ist logisch aufgebaut, der Fall wird am Ende zufriedenstellend und schlüssig gelöst. Mir war es allerdings stellenweise zu wenig spannend, was sicherlich an der für mich zu häufigen Unterbrechung durch Abschnitte in Pfälzer Mundart zum einen und an der meist recht ausführlichen Beschreibung von Örtlichkeiten und Trinkgewohnheiten lag.
Der Rahmen des Buches, in dem man einiges zur Pfalz als Weingegend und zu den privaten Verhältnissen von Oberstaatsanwalt Röder erfährt, ist nach meiner Meinung leider zu flach geraten. Es war anfangs interessant, über Pfälzer Trinkgewohnheiten zu lesen, aber nach der fünften Erwähnung eines Dubbeglases war mir es etwas zu viel. Ich kenne Einstreuungen von Mundart auch aus anderen Regionalkrimis und finde es in Ordnung, sofern das nicht die komplette Gesprächsführung über eine Buchseite umfasst, auch das war in meinen Augen etwas zu viel Regionalität.
Trotz aller von mir genannten Mängel ist es ein unterhaltsames Buch, bei dem ich stellenweise lachen konnte.

Fazit:
Wer die Pfalz mit viel Wein, Weinfesten und Gemütlichkeit liebt, der ist bei diesem Krimi sehr gut aufgehoben. Regionale Schauplätze, wie Weingüter, Weihnachsmärkte, Gaststätten sowie Pfälzer Gepflogenheiten halten sich die Waage mit einer kriminalistischen Handlung, die logisch und schlüssig aufgebaut ist. Ich vergebe 3,5 Sterne.

Markus Guthmann

Weinstraßenrache

Pfalz Krimi
Broschur
13,5 x 20,5 cm
208 Seiten
erschienen im emons-Verlag 
November 2015
Euro 9,90 [D] , 10,20 [AT]

11. Januar 2016

Regionalkrimis aus dem Emons-Verlag ZWEI

Rezension zu "41 Rue Loubert"







"In den letzten vierzig Jahren erschien es manch einem als himmlische Pforte zur vollkommenen Glückseligkeit. Manch einem aber erschien dahinter der Tod."
Mit diesen Worten beginnt der ungewöhnlich aufgebaute Kriminalroman von Mara Ferr und damit wird das Tor zum Haus 41 Rue Loubert in Paris beschrieben.

Louise, die Protagonistin des Buche, ist eine Dame im Großmutteralter, die als solche aber völlig ungeeignet ist, da sie als begehrte Domina und Edelhure in Paris arbeitet und lebt. Hinter dem mächtigem und gut gesicherten Holztor ihres Hauses 41 Rue Loubert verbirgt sich ihr wohlorganisiertes Leben gemeinsam mit den beiden anderen Prostituierten und Freundinnen Marta und Arlette.
Als innerhalb eines Jahres hochangesehene Persönlichkeiten der Pariser Politikszene spurlos verschwinden, verbeißt sich Inspecteur Marcel in den Gedanken, dass Louise eine Mörderin und für den Tod der Männer verantwortlich ist.
Ein ausgefeiltes und spannendes Verwirrspiel zwischen Louise und dem alkoholsüchtigen Ermittler nimmt seinen Lauf.

Die Geschichte besteht nicht vordergründig aus den Ermittlungen zum Fall der verschwundenen Pariser Politiker, sondern beschreibt vielmehr einen Abschnitt aus Louises Leben, bei dem der Kriminalfall natürlich auch eine Rolle spielt.
Das Buch ist chronologisch aufgebaut und die Kapitel nach Tagen innerhalb einer Woche geordnet, es werden die Ereignisse im Tagesablauf der Hauptprotagonistin Louise, des Ermittlers Marcel und von Hendrik nebst seinem behindertem Sohn Luc, dem jahrelangem Bewunderer, Kunden und Förderer von Louise, geschildert.
Die drei Handlungsstränge berühren sich im Laufe der Erzählung immer wieder und laufen nicht unabhängig voneinander ab. Manche Ereignisse werden aus dem Blickwinkel verschiedener Personen erzählt, was mir insbesondere für die Geschichte von Luc, dem behinderten Sohn von Hendrik, sehr gefallen hat. Hier geht die Autorin sehr sacht und gefühlvoll vor.
Man erfährt pikante Details aus Louises Hurenleben, jedoch ohne ausschweifende Sexszenen. Außerdem gibt es viele Rückblicke in ihre ärmliche und schreckliche Vergangenheit, wodurch ihre Figur lebendig und dreidimensional wird.

Louise erscheint als durchorganisierte Person, die ihr Innerstes vor allen gut uverbirgt und die Fäden in der Hand hält, vorausschauend handelt und mir wegen ihres großen Herzens sehr sympathisch ist.

Was den Krimi betrifft, hatte ich zwar eine kleine Ahnung aufgrund von ein paar Hinweisen, die im Laufe der Geschichte gestreut sind, aber die endgültige Auflösung der Spannung erfolgt erst auf den letzten Seiten.
Ungewöhnlich ist dieser Krimi für mich vor allem deshalb, weil nicht der Ermittler mit seinen Untersuchungen und Nöten im Vordergrund steht sondern alle drei Handlungsstränge gleichermaßen verfolgt werden. Man könnte zeitweise meinen, dass die vermissten Männer nur Nebenschauplätze sind.

Fazit:
Ein pikanter und spannender Leckerbissen, der mich hervorragend unterhalten hat.
Ich vergebe 5 Sterne für diesen pfiffigen Krimi.

Mara Ferr

41 Rue Loubert

Paris Krimi
Broschur
13,5 x 20,5 cm
192 Seiten
Erschienen im emons-Verlag Juli 2015
Euro 9,90 [D] , 10,20 [AT]

10. Januar 2016

Regionalkrimi aus dem Emons-Verlag EINS

Im Dezember bekam ich aus dem Emons-Verlag einige Leseexemplare an Regionalkrimis und historischen Kriminalromanen zur Verfügung gestellt, die ich hier diese Woche vorstellen und rezensieren möchte.
Der Verlag führt übrigens ein umfangreiches Programm für Freunde des Genres aus vielen Gegenden in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Rezension zu " Himmel, Hölle, Mensch"




Ein junger toter Chinese im luzernischen Wauwilermoos am Nationalfeiertag der Schweiz von einem Stier übel zugerichtet, ein charmanter türkischer Ermittler umgeben von schönen und geheimnisvollen verdächtigen Damen, der mit dem weiblichen Geschlecht in seiner Umgebung sowieso schon zu kämpfen hat und fiese Mädchenhändler aus Osteuropa sind die geschickt miteinander verwobenen Zutaten dieses erstklassigen Kriminalromanes der Autorin Monika Mansour. Es handelt sich um den zweiten Fall einer Reihe um den Ermittler Cem Cengiz.

Am frühen Morgen nach dem Schweizer Nationalfeiertag wird in der beginnenden Augusthitze auf einer Weide nahe Luzern eine übel zugerichtete Leiche eines jungen unbekannten Chinesen gefunden, nackt und mit einem auffälligen Drachen-Tatoo auf dem Arm. Schnell stellt sich heraus, dass der Stier eines Bauern der Mörder ist. Das Team um den Ermittler Cem Cengiz muss in diesem zweitem Fall herausfinden, ob es ein Unfall oder Mord war. Die Spur führt zunächst zur asiatischen Mafia, aber auch Intrigen und Rache könnten eine Rolle spielen.
Nebenbei hat Cem mit ganz eigenen Problemen zu kämpfen, seine Freundin Lila rettet in einem lebensgefährlichen Coup drei osteuropäische Mädchen vor ihren brutalen Zuhältern und versteckt sie in Cems Wohnung. Das ruft Menschenhändler auf den Plan und bringt alle in Lebensgefahr.

Der Autorin ist mit diesem klassischen Kriminalroman ein Paradestück gelungen. Das Buch ist eine geniale Mischung aus klug inszenierter Spannung, einem erstklassischem Plot, Humor und einem Spritzer Erotik mit hervorragend ausgearbeiteten Charakteren. Der Stil ist flüssig zu lesen und charmant gespickt mit ganz wenigen Schweizer Ausdrücken (die in einem Glossar am Ende des Buches erklärt sind). Die Geschichte ist insgesamt sehr stimmig und logisch aufgebaut, die Auflösung am Ende des Buches überraschend, zufriedenstellend und umfassend.
Ich bin während des Lesens wahrhaft abgetaucht in die Welt von Cem und seinen Ermittlungen, ich wurde von diesem Pageturner hervorragend unterhalten und war ein wenig traurig, als es vorbei war.

Fazit
Ein genial konstruierter und spannender Schweizer Krimi, witzig und mit herrlichen Dialogen, die die Geschichte sehr lebendig machen, dem ich volle fünf Sterne für tolle Unterhaltung vergebe.

Monika Mansour

Himmel, Hölle, Mensch

Luzern Krimi
Broschur
13,5 x 20,5 cm
272 Seiten
Erschienen im emons-Verlag August 2015
Euro 10,90 [D] , 11,30 [AT]

3. Januar 2016

Rezension zu Rafik Schami "Sophia oder der Anfang aller Geschichten"




Rafik Schami, ein Damaszener, der seit mehr als 40 Jahren im Exil in Deutschland lebt, hat ein wunderschönes Buch über Wärme, Liebe und Menschlichkeit vor dem Hintergrund politischer Ereignisse in Syrien geschrieben.
Das Buch kommt im großartigen Stil orientalischer Erzählkunst daher, die alle beschriebenen Schauplätze, Handlungen und Sinneswahrnehmungen sehr lebendig und fast wirklich vor dem Auge und im Kopf des Lesers entstehen lässt. Kunstvoll verwobene Erzählstränge mit vielen kleinen aber wichtigen Nebenhandlungen wechseln sich mit ausdrucksstarken, sinnlichen und kraftvollen Beschreibungen der Stadt Damaskus, und anderer Handlungsorte ab. Man spürt bei jeder dort handelnden Szene förmlich die Liebe Schami's zu dieser Stadt und ihren Bewohnern.
Das Buch erzählt die Geschichte des syrischen Exilanten Salman, der nach seiner Flucht aus Syrien in Rom eine zweite Heimat findet und Anfang Dezember im Jahr 2010 nach einer Generalamnesie voller Sehnsucht in seine Heimat Damaskus und zu seiner geliebten Familie zurückkehrt. Dort wird er nach kurzer Zeit von einem missgünstigem und geldgierigem Verwandten in hoher Geheimdienstposition widerrechtlich verunglimpft und verfolgt, so dass ihm Gefängnisstrafe und die Hinrichtung droht.
Ein zweiter Handlungsstrang erzählt die Liebesgeschichte von Karim und Aida, die aus vielen Rückblicken auf die Vergangenheit der beiden Liebenden besteht. Beide Erzählstränge haben als verbindendes Element Sophia, Salmans Mutter und die Geliebte Karims in dessen Jugend.
Am Ende des Buches werden beide Fäden sehr geschickt miteinander verknüpft.
Das Buch handelt dicht an syrischer Geschichte und Tradition und revolutionärer und diktatorischer Tragik, die in Syrien und den angrenzenden arabischen Ländern herrscht. Es geht nicht berichtartig auf Abstand sondern erzählt direkt vom Schicksal der Menschen. Dazu gehören kurze und teilweise brutal ehrliche Episoden über Partisanenkämpfe, Gefängnisaufenthalte, Folterungen und Tod, aber auch arabische Sippenwirtschaft und traditioneller Rachemord, alles aus sehr persönlichen Blickwinkel von den einzelnen Charakteren berichtet.
Allerdings ist es insgesamt ein sehr hoffnungsvolles Buch gefüllt mit Geschichten über Familie, Liebe, Mut, Menschlichkeit, Selbstlosigkeit, Loyalität, Schönheit und Lebenslust, das mich sehr bewegt hat.
Fazit:
Das Buch war für mich ein unglaublicher Lesegenuss, bei dem ich mir viel Zeit gelassen habe, ab und zurückblätterte, viele Lieblingszitate fand und ein wenig traurig war, als ich auf der letzten Seite angekommen war. Es hat mich tief berührt und durch seiner unvergleichliche bildhafte Sprache und die bewegende teils spannende Geschichte wird es für mich zum kleinen Meisterwerk.
Ich vergebe fünf Sterne, also volle Punktzahl, und eine unbedingte Leseempfehlung.

Noch ein Buchblog?

...ja, natürlich!
Als Leseratte stöbere ich liebend gerne selbst auf fremden Blogs herum, lasse mich inspirieren, lese Rezensionen, verfalle in unkontrollierten Buchkaufrausch und suche größeren Wohnraum zum Unterbringen meiner Schätze.
Ich bin seit längerem als KrimiElse in diversen Foren unterwegs (Lovelybooks und wasliestdu) und rezensiere gelesene Bücher dort genauso wie bei größeren onlineshops, warum also nicht alles schön sortiert, gesammelt und wieder aufrufbar ( wie Bücherliebhaber das nun mal mögen ) auf einem eigenen Blog?
Ich werde damit beginnen, schon geschriebene Rezensionen hier zu posten, der Vollständigkeit halber. Außerdem möchte ich gerne eine Tauschecke anlegen ( mein Buchregal quillt wirklich über ) und auch die eine oder andere Verlosung ( in Kombination mit meinem schon länger bestehendem seifenblog seifenmafia ) einbauen.
In ganz mafiöser Art und Weise bin ich immer gerne zu haben für Tauschangebote, ganz im Sinne von: eine Hand wäscht die andere.
Ich freue mich auf euch und wünsche allen eine schöne Woche!