13. Januar 2021

Ein Tropenparadies ?!?!?! (Gastrezension von renee)

 


 

 

Die Handlung dieses Buches spielt sich in den 80ern in Trinidad ab und beschreibt das Leben einer sozial niedrig gestellten indischen Familie aus Tiparo (Talparo?), einer Kleinstadt auf Trinidad. Was mich etwas verwundert hat. Ich wusste noch nichts von einer indischen Bevölkerung auf Trinidad, einer Insel, die vor Venezuelas Küste liegt. Ich wusste nur von einer indischen Bevölkerung in Suriname. Dann ist diese indische Familie noch recht bildungsfern. Das Leben dieser Familie und ihres Umfeldes/ihrer indischen Großfamilie zu schildern gelingt Claire Adam ganz gut, wenn auch anfänglich etwas langatmig, bevor der Leser immer mehr in ein Grauen hineingezogen wird, dem niemand mehr entkommen kann. Immer mehr verstört dieser Blick auf die Großfamilie, deren Zusammenhalt eh nicht besonders stark war, aber durch ein monströses Geschehen vollkommen auseinanderbricht. Wobei dies aber auch etwas verwundert. Denn diese indische Großfamilie wirkt nicht wie eine solche, es fehlt der Zusammenhalt und die Großfamilie wirkt nicht, als ob sie an einem Strang ziehen würde. Der Teil der Familie, der hier im Vordergrund steht, Clyde Deyalsingh, der Vater und Joy, seine Frau und deren Zwillingssöhne Peter und Paul, lebt ärmlich und bildungsfern, zumindest die Eltern, die Kinder gehen auf die Schule, wobei Peter eine Koryphäe zu sein scheint und ein teures Studium anstrebt. Sie bekommen etwas finanzielle Hilfe von Joys Onkel Vishnu Ramcharan, einem Arzt und etwas Hilfe im Haushalt von Joys Mutter Mousey Ramcharan. Vishnu verhilft Clyde auch zu einem besser bezahlten Job. Der restliche Teil der Familie kommt zwar immer wieder zu Besuch, besonders innig oder besonders indisch wirkt aber ihr Miteinander nicht. Da gibt es Joys großen Bruder Philip, ein Anwalt mit seiner englischen Frau Marylin und deren Tochter Anna. Und ebenso gibt es Joys Bruder Romesh, ein Transporteur mit dubiosen Kontakten ins Drogenmillieu und dessen Frau Rachel und deren Sohn Sayeed. Beide haben größere Häuser als die Deyalsinghs, erstere in der Hauptstadt Port of Spain, letztere ebenso in Tiparo. Obwohl beide Familien sozial bessergestellt sind, beäugen beide neidisch Vishnus Taten. Ein weiterer Punkt, der am Gefüge der Familie Deyalsingh nagt, ist der Umstand, dass es bei der Geburt der Zwillinge Probleme gegeben hat. Bei Peter, dem ersten Kind lief alles gut, aber bei Paul gab es Komplikationen, ein Sauerstoffmangel bei der Geburt. Etwas, was Paul in den Augen der Familie Deyalsingh und auch der Großfamilie zu einem Behinderten und Zurückgebliebenen macht. Doch ist Paul das wirklich? Dann passieren den Deyalsinghs mehrere Unglücke, an deren Ende ein Raubüberfall und daran anschließend eine Entführung und Lösegelderpressung stattfindet. Paul wurde entführt und Clyde trifft Entscheidungen, schwerwiegende Entscheidungen. Das Geschehen stellt eine Frage nach der Schuld in den Vordergrund, die aber nicht beantwortet werden kann. Und auch dadurch wird dieses Buch zu einer anklagenden Gesellschaftskritik. Trinidad scheint kein erstrebenswerter Ort zu sein. Auch wenn die Kulisse malerisch anmuten möchte. 
 
 
 
Goldkind von Claire Adam
Roman gebunden, 272 Seiten
erschienen bei Hoffmann und Campe Verlag
am 4. Januar 2020
ISBN 978-33455005981
Preis 23 €

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