Kommissar Armin Trost, mit kaputter Familie, dem Wahnsinn nahe im Baumhaus auf seinem Grundstück lebend, um das spurlose Verschwinden eines Kollegen wenigstens nachts ausblenden zu können, ermittelt im vierten Band der Grazer Krimi-Serie in eine Reihe von bestialischen Morden nach historischen Vorbildern.
Dass er verrückt ist, ein Einzelgänger, der sich Anweisungen schwer bis gar nicht beugen kann und Ansätze von soziopathischen Zügen aufweist, schmälert seinen Ruf in Graz als Star-Ermittler weder bei der Lokalpresse noch bei seinen Kollegen. Zu seiner so düsteren persönlichen Situation und dem verschwundenen Kollegen Schulmeister, der Trost wie ein nebeliger Schatten verfolgt, kommt hinzu, dass sein sonst so zielsicherer Instinkt bei den aktuellen Morden versagt, er spürt und ermittelt nichts.
Die Geschichte wirkt insgesamt sehr düster und grotesk. Dafür sorgt nicht nur der Charakter von Armin Trost selbst, sondern auch genug verrückte andere Charaktere, die im Laufe der Ermittlung auftauchen.
Ein Polizist, der sich Graf nennt und der sich mehr als hingezogen fühlt zur schönen jungen Kollegin Trosts und sich zu deren Verfolger und selbsternanntem Beschützer aufschwingt, ein verhärmter Professor, dessen Faible für historische bestialischen Morde fast schon pathologisch anmutet, ein nerviger junger aufstrebender Journalist, der sich an Trosts Fersen heftet.
Der Autor gestaltet die Charaktere genauso dunkel und verrückt wie die gesamte Handlung, gibt ihnen als Bonbon Namen wie Schleicher für den Assistenten und grauen Schatten des Professors, Anfänger für den jungen Journalisten, Trost für den abgewrackten Kommissar, der Trost nötig hat.
Der Kommissar Trost ist in diesem Band schwer greifbar, fast verhuscht und abgeschottet in seinen Gedanken. Man spürt seine innere Zerrissenheit und das Gehemmtsein durch das Verschwinden seines Kollegen, er dreht sich wie in einem Teufelskreis und kann daraus nicht auftauchen. Mir hätte etwas mehr Basiswissen aus den vorherigen Bänden zu dieser Figur sicher gut getan, aber es ist nicht zwingend erforderlich, die ersten Bände zu kennen.
Die Sprache hat mir sehr gut gefallen, sie ist jedoch ungewöhnlich und sicher gewöhnungsbedürftig.
Stellenweise lässt sich fast ein gedichtähnlicher Rhythmus durch die Knappheit und Prägnanz einiger Sätze finden, die mich gleichzeitig an Blitzlichter erinnern, die nur ganz kurz etwas ausleuchten. An vielen Stellen verbreitet der Autor sehr düstere Stimmung, die den Leser die Angst fast greifbar werden läßt.
Am Ende des Buches entwickelt sich ein verrücktes und spannendes Finale, bei dem die Morde logisch und zufriedenstellend aufgeklärt werden. Ein paar Fäden bleiben jedoch gekonnt offen und wecken das Interesse des Lesers nach weiteren Bänden.
Fazit:
Düsterer und verrückter Krimi mit Grazer Lokalkolorit, der gut recherchiert, spannend und unterhaltsam ist.
Robert Preis
Der Engel von Graz
Kriminalroman
Broschur
13,5 x 20,5 cm
224 Seiten
ISBN 978-3-95451-722-0
Erschienen im Emons-Verlag Oktober 2015
Euro 9,90 [D] , 10,20 [AT]
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