29. Januar 2017

Eiskalte originelle Geschichte



"Sweetgirl" von Travis Mulhauser thematisiert eine atemberaubende Flucht durch den eiskalten Winter Michigans. Es ist ein spannender und origineller Roman, der den Leser gefangen nimmt und schockiert.

Die 16-jährige Percy ist im tief verschneiten Michigan auf der Suche nach ihrer alkoholkranken Mutter und stößt dabei zufällig im Haus des Drogendealers Shelton auf ein völlig vernachlässigtes Baby. Sie kann nicht anders als das kleine Würmchen vor dem sicheren Kältetod zu retten und nimmt es einfach mit. Percy will dem kleine Jenna in ein Krankenhaus bringen und wird vom zwar dämlichen aber gefährlichen Shelton und seinen ebenso unterbelichteten kriminellen Kumpanen verfolgt.
Es entspinnt sich eine atemberaubende und spannende Flucht durch Kälte und Eis, bei der aus Versehen und wegen krimineller Dämlichkeit ein paar Leichen den Weg pflastern und sich unverhoffte Verbündete zeigen...

Als Leser wird man nach ganz kurzem Umreißen der Figuren regelrecht in die Handlung katapultiert und rauscht anschließend fast atemlos durch das Buch. Eine überschaubare Anzahl an Charakteren, von denen man das Wichtigste zwischendurch erzählt bekommt, erleichtert den berauschenden Lesetrip durch die Schneelandschaft. Die Beschreibungen der Kälte und des Schneesturmes sind so gut und nachvollziehbar, dass ich fast ein wenig gefroren habe beim Lesen.

"Und das ist das echt Üble am Winter in Cutler County - eigentlich nicht so sehr die Kälte, mehr die Tatsache, dass es sich irgendwann persönlich anfühlt."

White Trash - Traditionen in Form von völlig verwahrlosten, ärmlichen und heruntergekommenen Verhältnissen sind genau wie durchgeknallte Charaktere und eine gehörige Portion schwarzer Humor bezeichnend für diese fast irrwitzige Geschichte. Percy mit ihrem großen Herz und ihrer selbstlosen Liebe zu dem kleinen Baby stehen kriminelle, ekelige, wankelmütige und aussichtslose Details und Charakter gegenüber, denen sie sich stellen muss.
Trotz oder gerade wegen des ganzen Chaos entwickelt sich die Geschichte in unvorhersehbare Richtungen und hält viele Überraschungen für die sympathische Heldin Percy und für den Leser parat.

"Portis war sein Leben lang betrunken durch die Gegend gelaufen. Er sagte, der Trick dabei wäre, zu versuchen, sich schief zu halten, dann käme eine einigermaßen aufrechte Haltung dabei raus."

Pragmatische Dialoge, Wortwitz und Situationskomik machen aus einer ekeligen und schmutzigen Geschichte stellenweise fast einen Witz, was mir ausgezeichnet gefallen hat. Kurze Kapitel mit Cliffhangern, schnellen Ortswechseln und einer wirklich knappen, straffen Sprache überzeugen und schaffen einen originellen und für mich sehr lebendigen Roman, für den ich eine unbedingte Leseempfehlung gebe.


Travis Mulhauser
Sweetgirl
Roman, 272 Seiten, broschürt
ISBN 978-3423261265
dtv Verlagsgesellschaft
13. Januar 2017
14,90 €

28. Januar 2017

Landleben abseits der Hauptstrasse





Der Roman "Niemand ist bei den Kälbern" von Alina Herbing vermittelt im Gegensatz zu der verbreiteten romantischen Meinung über das Landleben ein ungleich schmutzigeres, raueres und komplett unromantisches Bild vom Leben in einem Dorf abseits der Hauptstraße im ehemaligen Zonenrandgebiet Mecklenburg-Vorpommerns. Mit gewaltiger, vereinnahmender, bildhafter aber auch wundervoll poetischer Sprache erzählt die Autorin ganz nah an den Figuren eine Geschichte, die Abscheu und Mitleid, Verunsicherung und Ratlosigkeit, aber auch Hoffnung und nicht zuletzt intensives Nachdenken hervorruft.

Christin lebt in Schattin, einem winzigen Dorf am westlichen Rand Mecklenburg-Vorpommerns auf dem Bauernhof ihres Freundes Jan und dessen Vaters. Gestank, Schmutz, ein am Milchvieh orientierter Tagesablauf und ewige Langeweile und Trostlosigkeit bestimmen in flirrender hochsommerlicher Hitze ihr Leben. Von Alkoholismus, Rechtspopulismus und den ewig gleichen Dorffesten im Nachbarort erzählt die Geschichte ihres dumpfen und ausweglosen Lebens genauso wie vom schwer alkoholkranken Vater, der von der übrigen Dorfgemeinschaft geächtet wird.
Sie träumt von Stöckelschuhen und schönen Kleidern in der Großstadt und kann der Arbeit auf dem Hof und dem Leben mit Jan nichts abgewinnen. Als der Windkrafttechniker Klaus auftaucht, scheint Christin endlich einen Ausweg zur Flucht aus der Einöde gefunden zu haben, doch alles kommt noch viel schlimmer...

Es ist fast unheimlich, wie treffend die Autorin die Figuren, insbesondere Christin, gezeichnet hat. Keiner der Charaktere ist ein Sympathieträger, alle kämpfen mit ihrer Existenz oder sind schon gescheitert und haben den Kampf aufgegeben. Merkmale wie Ignoranz, Dummheit, Respektlosigkeit und mangelnde Liebe zum Leben und zu sich selbst gab die Autorin ihren Figuren mit und lässt sie in geballter Ladung auf den Leser los, so dass man beim Lesen keinen Abstand hat.
Und genau das fasziniert an diesem Roman. Trotz allen Schmutzes und der aufkeimenden Antipathie für Christin hofft man beim Lesen darauf, dass sie den Absprung schafft und ihr Leben in die Hand nimmt, weggeht und für sich einen neuen Anfang finden kann.

In dichter Sprache mit fast blitzlichtartigen Bildern und hohem Symbolgehalt treibt die Autorin den Leser fast atemlos durch den Roman. Rückblicke zur Vergangenheit gibt es nur als kleine Andeutungen und Episoden, manchmal glücklich, oft genauso verzweifelt und aussichtslos wie die Gegenwart. Dennoch zeichnet sich ein rundes und für mich recht vollständiges Bild von Christin und ihrem Umfeld.

Nach dem Zuklappen des Buches war ich paralysiert und sehr froh, dass ich nicht in dieser Gegend Deutschlands aufgewachsen bin und nur darüber gelesen habe.
Man merkt nicht, dass es sich um ein Debüt handelt. Handlungsstruktur, Dramatik und Sprache sind sehr gut durchdacht und künden von der Kraft, die in dieser Geschichte steckt.
Mir hat das Buch ausgezeichnet gefallen, und wer keine Angst vor Blicken über den ordentlich-bürgerlichen Tellerrand hat, sollte diesen Roman unbedingt lesen.



Alina Herbing
Niemand ist bei den Kälbern
Roman

  • Erscheinungsdatum: 10.02.2017
  • Verlag : Arche
  • ISBN: 9783716027622
  • Fester Einband 224 Seiten
  • 20,00 €

23. Januar 2017

Abgründig und irgendwie typisch Grangé





Eine egozentrische, verrückte und skrupellose Familie und dazu eine äußerst verzwickte Geschichte hat Jean-Christophe Grangé in seinem neuesten Werk "Purpurne Rache" geschaffen.

Grégoire Morvan, Familienvater, Despot, Schläger und für di Französische Regierung der Mann fürs Grobe (wenn auch auf hohem Posten) sieht seine mit zweifelhaften Mitteln erworbene sprudelnde Geld und Machtquelle im Kongo gefährdet. Ein Unfall auf einem Luftwaffenstützpunkt in der Bretagne schreckt ihn zusätzlich auf.
Sein Ältester Erwan, praktischerweise Polizist und ehemaliger Kämpfer einer Eliteeinheit, seiner schönen Schwägerin Sophia hoffnungslos verfallen jedoch ansonsten Frauen zugetan, die gesellschaftlich und geistig weit unter ihm stehen, ermittelt in der Bretagne für Vater Grégoire und stößt in ein Wespennest.
Schwester Gaëlle befasst sich zwischenzeitlich mit dem Vorantreiben ihrer Schauspielkarriere a la Sophia Loreen, schafft es jedoch nur bis zu Castings als Bikinimädchen bei Quizshows und finanziert sich als Edelnutte.
Loïc, der andere Sohn von Grégoire und millionenschwerer Broker, fühlt sich im Drogenmilieu unter versifften Brücken am wohlsten, hat nach einer steilen Alkoholikerkarriere in früher Teenagerzeit alles an Drogen exzessiv probiert, was er bekommen konnte, und achtet dennoch darauf, beim Koksen sein Amaturenbrett sauber zu halten.
Mutter Maggie als duldende und geprügelte Ehefrau konnte sich und ihre Kinder schon früher nicht retten, trägt aber ein Geheimnis aus ihrer Zeit im Kongo mit sich herum.

Die Wiege der Familie Morvan im Kongo, das frühere Leben von Grégoire mit all seiner Brutalität beim Fangen eines verrückten Serienmörders dort und seine schmutzigen Geschäfte in dem afrikanischen Land und seine Peergroup, die er sich dort aufgebaut hat, sind der Dreh- und Angelpunkt, auf den alles hinzudeuten scheint. Die Morde deuten auf einen Zusammenhang zu den damaligen Morden des Nagelmannes im Kongo hin.
Die Geschichte entspinnt sich um die Ermittlungen Erwans beginnend auf dem Luftwaffenstützpunkt und gefolgt von weiteren schaurigen Mordschauplätzen. Er deckt häppchenweise schier unglaubliche Dinge auf, die zunächst einzeln gesehen verwirrend und verworren sind. Im Laufe des Buches, nach vielen Wendungen und Überraschungen, wie man das von Grangé gewohnt ist, fügen sich die einzelnen losen Fäden zu einem Gewebe, das ein klares Bild für den Leser ergibt.

Die Grundidee des Buches ist sehr gut, aber es konnte mich dennoch nicht wirklich packen. Für meinen Geschmack ist die Handlung zu breit angelegt, einige Entwicklungen und Wendungen sind mir zu gewollt und damit unglaubwürdig im Kontext der restlichen Geschichte.
Die Spannung, angemessen für einen guten Thriller, wird für mich zu oft durch Erwans Theoretisieren gebremst, das nimmt der Geschichte Tempo und wirkt ein wenig hilflos. Stilistisch halte ich  nicht für sehr gelungen, Erwan verzettelt sich in zu vielen Passagen gemeinsam mit mir als Leser und ich hatte das Gefühl, Grangé wollte manchmal einfach zu viel. Weniger wäre hier mehr gewesen.
Da Auflösung des Falles erschien mir etwas zu flapsig geschrieben, so als muss jetzt alles unbedingt zuende gebracht werden, nachdem vorher viel Zeit für noch mehr Details aufgewendet wurde. Gefallen hat mir allerdings sehr, dass nicht alles restlos geklärt ist, ohne dass man auf eine Fortsetzung der Geschichte zwingend angewiesen und damit wahrscheinlich enttäuscht wäre.

Fazit
Für eingefleischte Fans von Grangé ist dieses Buch sicherlich ein Muss. Es ist eine spannende und verworrene Geschichte, die mir ein wenig zu verdreht war und drei Sterne erhält.

Jean-Christophe Grangé 
Purpurne Rache

Erscheinungsdatum Erstausgabe :11.11.2016
  • Verlag : Ehrenwirth
  • ISBN: 9783431039641
  • Fester Einband 764 Seiten
  • 26,00 €

22. Januar 2017

Geschichtspanorama und Familienchronik



Geert Mak, genannt der Geschichtslehrer der holländischen Nation, folgt in seinem neuesten Werk den Spuren der Familie Six. Die Dynastie kam vor mehr als 400 Jahren als aus Frankreich Vertriebener Adel nach Amsterdam und gehört seit dem Goldenen Zeitalter zu einer der politisch, kulturell und sozial bedeutendsten Familien des Landes.
Mit großem erzählerischen Talent wird aus der Familienchronologie gleichzeitig ein Einblick in Europäische und besonders Niederländische Geschichte, mit der die Familie Six untrennbar und eng verknüpft ist. Auf sehr persönliche Weise durch direkte Einblicke in die Familienchronik und Zugang zum alten Haus der Sixe an der Amstel mit all seinen über Jahrhunderte angesammelten Schätzen, Kleidungsstücken, Tagebüchern, Notizen und Erinnerungen verfolgt das Buch den Stammbaum der Sixe über mehrere Jahrhunderte bis in die Neuzeit.
Dabei legt der Autor besonderen Wert auf den ersten Jan, der im 16. Jahrhundert lebte, zum Amsterdamer Establishment gehörte, ein enger Freund Rembrandts und Sohn eines hugenottischen Einwanderers und reichen Tuchmachers gewesen ist.

Die Familie Six entstammt französischem Adel und zog während der Religionskriege Ende des 16. Jahrhunderts nach Amsterdam, das damals eine aufstrebende Welthandelsmetropole und protestantische Hochburg war. Tausende Flüchtlinge aus den südlichen Niederlanden sorgten dafür, dass die Stadt an der Schwelle zwischen Mittelalter und Moderne aus einer sumpfigen Siedlung zu einer der bedeutsamsten Städte Europas wurde.

Der erste Jan, Schwiegersohn des berühmten Mediziners und Amsterdamer Stadtrates und Bürgermeisters Nicolaes Tulp, mit einem Bein noch im Mittelalter stehend und zugleich schon auf dem Weg zur Moderne, wird mit buntem Erzählstil aus verschiedenen Perspektiven betrachtet, was dem Leser ein rundes und verständliches Bild von ihm und vom Leben im Goldenen Zeitalter gibt. Er legte als Schöngeist die Grundlagen für die wertvolle und einzigartige Kunstsammlung der Familie, er bestimmte als Schöffe und Ratsmitglied das Leben der Stadt Amsterdam, kaufte Land und Güter und blieb trotz allen Reichtums und aller Macht ein normaler Mensch, neugierig und nonkonformistisch. Als sehr guter Beobachter und Zuschauer kann man sich beim Lesen hervorragend in ihn hineinversetzen, durch seine Augen das alte Amsterdam mit seinem aufstrebenden Bürgertum, die Gepflogenheiten und Eigenheiten Rembrandts, des Stadtmediziners Nicolaes Tulp, des Dichters Vondel und anderer Größen dieser Zeit betrachten.

Der Titel "Die vielen Leben des Jan Six" steht aber auch dafür, dass ein Sohn der Familie immer Jan genannt wurde, der Jahrhundertelang das Familienoberhaupt gewesen ist, die Verantwortung für den Zusammenhalt von Familie und Gütern trug und deren Leben Geert Mak in seinem Buch verfolgt.

Wenn von geschichtlichen Ereignissen berichtet wird, kann der Autor aus dem schier unerschöpflichen Fundus im Haus an der Amstel ein Gemälde, einen Gegenstand oder ein Dokument zuweisen, wie das Siegel, mit dem die Familie im 17. Jahrhundert ihr Tuch kennzeichnete oder Verse des Dichters Vondel zum Ratsherrenjubiläum von Schwiegervater Tulp, dessen Name übrigens aufgrund des von ihm verwendeten Tulpensiegels zustande kam.

Nach dem Katastrophenjahr 1672 stagnierte die aufstrebende Holländische Nation, die Stellung Amsterdams als Weltstadt war stark angekratzt, jedoch die Familie Six schaffte es, profitable Geldquellen in Kolonien zu nutzen, Immobilien und Land zu erwerben und durch kluge Heiratspolitik das Vermögen zu erhalten und zu mehren. Der zweite Jan heiratete die Alleinerbin der Familie Tulp und sicherte sich so den Familienvermögen, agierte Jahrzehntelang als Bürgermeister von Amsterdam und als Junker auf ausgedehnten Landgütern verpachtete und beherrschte er ganze Dörfer, bis das korrupte System der Stadt Amsterdam aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zusammenbrach, aufgeblasene Ämter und Amtsmissbrauch eingeschränkt und der zweite Jan entlassen wurde.

Bis in das 20.Jahrhundert stand Familienpolitik an erster Stelle, Hauptziel war es immer, das Vermögen, den Ruf und den Lebensstandard der Familie zu erhalten. Das führte zu vielen Zweck-Ehen, zu unverheirateten Töchtern, aber auch zum Verstecken der wertvollen Gemäldesammlung während der Nazibesatzung.
Der jeweils Erstgeborene, de den Namen Jan trug, verbrachte sein Leben in Reichtum und Ruhm, andere Mitglieder der Familie wurden "geopfert" und mussten teilweise in Armut und Einsamkeit leben.

Das große Verdienst des Autors besteht darin, die Familiengeschichte eng mit dem historischen Rahmen vom Goldenen Zeitalter, Revolten, Hungersnöten, Sklavenhandel und Städtebau zu verknüpfen und ein meisterhaft erzähltes buntes und sehr lebendiges Bild mit vielen überraschenden Details zu schaffen.



Geert Mak 
"Die vielen Leben des Jan Six"
ISBN 978-3827500878
Oktober 2016
Gebunden, 513 Seiten
Siedler-Verlag
26,99 €

13. Januar 2017

Atemloses Lesevergnügen





Bin ich ein Fan von Stefan Ahnhem? Nachdem ich das Buch "Minus 18 Grad" des schwedischen Thrillerautors um den melancholischen Ermittler Fabian Risk innerhalb ganz weniger Tage gelesen habe: ja, das bin ich!
"Minus 18 Grad" ist der dritte Teil der Serie um den Kommissar Fabian Risk als Helsingborg und die dänische Polizistin Dunja Hougaard und liest sich genau wie die beiden ersten Teile fast atemlos spannend und schlüssig und hat noch dazu einen in meinen Augen wirklich innovativ anderen Plot. Schön an dieser Reihe ist, dass man auch diesen Band völlig unabhängig von der Kenntnis der Vorgängerbände lesen kann und dennoch Querverbindungen zu den anderen Büchern findet.

Inhalt:
Nach langer Ruhepause mit der Familie und fast ein bisschen Langeweile für Fabian Risk stehen die Ermittler aus Helsingborg vor einem Rätsel. Aus dem Hafenbecken wird nach einer Verfolgungsjagd ein Auto mit einem am Steuer sitzendem Toten geborgen, der offensichtlich nach übermäßigem Alkoholgenuss ertrank. Doch bei genauerem Hinsehen stellt sich heraus, dass jener bereits seit zwei Monaten tot und eingefroren war, der zudem noch in den letzten Tagen von glaubhaften Zeugen gesehen wurde. Was zunächst als unlösbares Rätsel erscheint stellt sich als unglaublich perfider Plan eines Serienmörders heraus, bei dem Risk und das restliche Team alle Register ziehen müssen. Der Mörder, ein Meister der Inszenierung und des Identitätenschwindels, ist den Ermittlern stets einen Schritt voraus und nur durch glückliche Zufälle kommen sie ihm auf die Spur.
Die Dänin Dunja Hougaard, mittlerweile als strafversetzte Streifenpolizistin unterwegs und immer noch im Negativ-Fokus ihres missgünstigen ehemaligen machtgierigen Vorgesetzten, ermittelt auf eigene Faust in unglaublich brutalen und völlig sinnfreien Mordfällen im Zusammenhang mit "happy slapping", wodurch sie bei ihrem gesamten Team auf völliges Unverständnis und Ablehnung stößt und Fabian Risk um Hilfe bittet, als die vermeintlich Schuldigen in seiner Heimatstadt geortet werden.

Die Geschichte, in der Fabian Risk in diesem Band ermittelt, ist für mich neu, außergewöhnlich und dennoch glaubhaft. Es gibt sehr viele Fäden, die die Ermittler aufgreifen und verfolgen müssen, Erfolge und Misserfolge pflastern den Weg und am Ende sind es Zufälle, auf die das Team beim genaueren Hinsehen stößt, die erfolgversprechend sind und den nötigen Vorsprung gegenüber dem unglaublich brutalen, unsozialem und mit allen Wassern gewaschenem Mörder verschaffen.
Durch die vielen verfolgten Wege entstehen mehrere Spannungsbögen, die mich beim Lesen zwischendurch Atem holen ließen.

Dunjas Ermittlungen verfolgte ich sehr bedrückt. Auch hier gibt es enormes Spannungspotenzial, gleichzeitig fühlt man Ratlosigkeit, Hilflosigkeit, Unverständnis und um ehrlich zu sein auch Wut beim Lesen über eine der schlimmsten Arten der Mordens, nämlich einfach so ohne Grund und Zweck zur Befriedigung des Spaßbedürfnisses.

Daneben räumt Ahnhem wie in den Bänden zuvor den familiären und privaten Geschichten seiner Figuren Platz ein. Fabian kämpft um seine Liebe zu Sonja und um seine Familie, die Teamchefin als Helsinborg, Astrid Tuvesson kämpft mit ihrem Alkoholproblem, über die Teammitglieder Elvin und auch über Molander macht Risk ungeheuerliche Entdeckungen, die als Cliffhanger für den nächsten Roman enden. Letzters war mir aber ehrlich gesagt fast ein bisschen zu dick aufgetragen- ein kleiner Wermutstropfen.

Fazit:
Der Thriller ist sehr empfehlenswert, man sollte mit Beginn des Lesens alle wichtigen Verabredungen für die nächsten Tage absagen, das Eisfach gut gefüllt haben und die Finger unbedingt vom Wodka lassen, nach ersten paar Seiten hat man einfach keine andere Wahl, so ähnlich ging es mir zumindest.


  • Stefan Ahnhem "Minus 18 Grad"
  • Erscheinungsdatum:02.01.2017
  • Verlag : List Verlag
  • ISBN: 9783471351246
  • Flexibler Einband 560 Seiten
  • 16,99 €