Die Handlung dieses Buches spielt sich in den 80ern in Trinidad ab und
beschreibt das Leben einer sozial niedrig gestellten indischen Familie
aus Tiparo (Talparo?), einer Kleinstadt auf Trinidad. Was mich etwas
verwundert hat. Ich wusste noch nichts von einer indischen Bevölkerung
auf Trinidad, einer Insel, die vor Venezuelas Küste liegt. Ich wusste
nur von einer indischen Bevölkerung in Suriname. Dann ist diese indische
Familie noch recht bildungsfern. Das Leben dieser Familie und ihres
Umfeldes/ihrer indischen Großfamilie zu schildern gelingt Claire Adam
ganz gut, wenn auch anfänglich etwas langatmig, bevor der Leser immer
mehr in ein Grauen hineingezogen wird, dem niemand mehr entkommen kann.
Immer mehr verstört dieser Blick auf die Großfamilie, deren Zusammenhalt
eh nicht besonders stark war, aber durch ein monströses Geschehen
vollkommen auseinanderbricht. Wobei dies aber auch etwas verwundert.
Denn diese indische Großfamilie wirkt nicht wie eine solche, es fehlt
der Zusammenhalt und die Großfamilie wirkt nicht, als ob sie an einem
Strang ziehen würde. Der Teil der Familie, der hier im Vordergrund
steht, Clyde Deyalsingh, der Vater und Joy, seine Frau und deren
Zwillingssöhne Peter und Paul, lebt ärmlich und bildungsfern, zumindest
die Eltern, die Kinder gehen auf die Schule, wobei Peter eine Koryphäe
zu sein scheint und ein teures Studium anstrebt. Sie bekommen etwas
finanzielle Hilfe von Joys Onkel Vishnu Ramcharan, einem Arzt und etwas
Hilfe im Haushalt von Joys Mutter Mousey Ramcharan. Vishnu verhilft
Clyde auch zu einem besser bezahlten Job. Der restliche Teil der Familie
kommt zwar immer wieder zu Besuch, besonders innig oder besonders
indisch wirkt aber ihr Miteinander nicht. Da gibt es Joys großen Bruder
Philip, ein Anwalt mit seiner englischen Frau Marylin und deren Tochter
Anna. Und ebenso gibt es Joys Bruder Romesh, ein Transporteur mit
dubiosen Kontakten ins Drogenmillieu und dessen Frau Rachel und deren
Sohn Sayeed. Beide haben größere Häuser als die Deyalsinghs, erstere in
der Hauptstadt Port of Spain, letztere ebenso in Tiparo. Obwohl beide
Familien sozial bessergestellt sind, beäugen beide neidisch Vishnus
Taten. Ein weiterer Punkt, der am Gefüge der Familie Deyalsingh nagt,
ist der Umstand, dass es bei der Geburt der Zwillinge Probleme gegeben
hat. Bei Peter, dem ersten Kind lief alles gut, aber bei Paul gab es
Komplikationen, ein Sauerstoffmangel bei der Geburt. Etwas, was Paul in
den Augen der Familie Deyalsingh und auch der Großfamilie zu einem
Behinderten und Zurückgebliebenen macht. Doch ist Paul das wirklich?
Dann passieren den Deyalsinghs mehrere Unglücke, an deren Ende ein
Raubüberfall und daran anschließend eine Entführung und
Lösegelderpressung stattfindet. Paul wurde entführt und Clyde trifft
Entscheidungen, schwerwiegende Entscheidungen. Das Geschehen stellt eine
Frage nach der Schuld in den Vordergrund, die aber nicht beantwortet
werden kann. Und auch dadurch wird dieses Buch zu einer anklagenden
Gesellschaftskritik. Trinidad scheint kein erstrebenswerter Ort zu sein.
Auch wenn die Kulisse malerisch anmuten möchte.
Goldkind von Claire Adam
Roman gebunden, 272 Seiten
erschienen bei Hoffmann und Campe Verlag
am 4. Januar 2020
ISBN 978-33455005981
Preis 23 €
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