5. März 2018

Ferrante - Fieber




Ja, auch ich war im Ferrante-Fieber, habe am Jahresanfang im Januar alle vier Bände gelesen.
Anfang Februar erschien Band vier der Neapolitanischen Saga, der Abschlussband der Geschichte, und auch wenn ich nach den insgesamt etwa 2200 Seiten zunächst mehr als geplättet war und mein Ferrante-Fieber zu einem Glimmen abgekühlt war, muss ich eine deutliche Empfehlung zum Lesen der Bücher geben. Unbedingt, alle Bände in der richtigen Reihenfolge, aber vielleicht nicht wie ich unmittelbar nacheinander.

Hier meine Besprechung zum Band vier, den ich dankenswerterweise vom Suhrkamp-Verlag zur Verfügung gestellt bekam.



Spannender und nachdenklicher Abschluss der Neapolitanischen Saga

Ich habe die Geschichte um die beiden ungleichen Freundinnen Elena und Lila und um ihr Viertel Rione in Neapel vom ersten bis zum vierten Band genossen. Der Band vier „Die Geschichte des verlorenen Kindes“ ist ein wirklich großartiger Abschluss der Saga, die mich Anfang dieses Jahres vom ersten bis zum letzten Band begleitet hat.
Das ist übrigens etwas, das ich nicht uneingeschränkt empfehlen kann - alle vier Bände in einem Rutsch zu lesen, denn dann ist es stellenweise ein bisschen viel Neapolitanische Lebensart gezuckert mit Italienischer Telenovela, weswegen ich mit meiner Rezension dieses Band etwas Zeit verstreichen ließ.

Der letzte Band der Saga spielt wieder großteils in Neapel, im alten Viertel Rione, in das Elena als erfolgreiche Schriftstellerin und Frauenrechtlerin zurückkommt und in dem auch Lila wieder wohnt. Die beiden Freundinnen wohnen direkt übereinander und teilen ihr Leben mit Kindern, sind sich wieder nahe und Elena findet in ihrer Heimatstadt zu sich selbst, findet durch Lila Inspiration und lebt in relativer Ruhe. Bis das verlorene Kind wieder alles verändert für beide Frauen und ihre Familien.

Elena Ferrante nimmt in diesem letzten Band Fäden aus den vorangegangenen Büchern auf, verknüpft sie geschickt. Man erfährt von allen Begleitern aus der Kindheit und Jugend, wie es ihnen im Rione und außerhalb erging, und das mit Spannung erzählt und in gewohnter Manier völlig ohne Zuckerguss. Die Geschichte ist verknüpft mit gesellschaftlich-politisch wichtigen Ereignissen, die Italien in dieser Zeit bewegten. Mafiöse Strukturen, Terrorismus und politische Machtkampf mit unmittelbarer Beteiligung der Figuren spielen ebenso wie das Erdbeben 1980 in der Irpinia eine wichtige Rolle für die Geschichte.
Im Vordergrund steht, wie bereits in allen drei Vorgängerbänden, die Freundschaft der beiden Frauen Elena und Lila, die geprägt ist vom Schwanken zwischen Liebe und Hass, Manipulation und der Hoffnung Elenas nach Ruhe und Frieden. Ohne Erfüllung bleiben oft nach wie vor die Erwartungen auf der Strecke. Nie öffnen sich die beiden Freundinnen bedingungslos, immer schwingt ein Geheimnis in der vermeintlichen Vertrautheit mit und am Ende steht häufig Frustration und Enttäuschung.

Wie schon der erste Band ist auch der Abschluss der Saga eine Hommage an Neapel, besonders an sein altes Viertel mit Blick auf den Vesuv. Das Buch lockt, dorthin zu reisen und sich die Stadt mit eigenen Augen anzusehen, und auch wenn eine neue Stufe der Gewalt und des Verbrechens gegenüber Band eins deutlich zu spüren ist, sprüht Elenas und Lilas Liebe zu ihrer Heimatstadt aus dem Text. 


Mir hat dieser letzte Band sehr gut gefallen, und auch wenn ich zugegebenermaßen beim Zuklappen des Buches zunächst froh war, dass mein Lesemarathon des gesamten monumentales Werkes zum Ende gekommen war, ist es mit etwas Abstand betrachtet eine wirklich fesselnde und großartige Geschichte zweier Frauen und ihrer Entwicklung, die im Band vier perfekt zum Abschluss gebracht wird und die insgesamt sehr lesenswert ist.




Elena Ferrante
Die Geschichte des verlorenen Kindes
Roman, gebunden, 614 Seiten
Suhrkamp Verlag
5. Februar 2014
ISBN 978-3-518-42576-3
25 €

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