9. April 2017

Fast ein Kunstkrimi




Schicht für Schicht, wie bei einem Gemälde, baut der Autor des Buches "Das letzte Bild der Sara de Vos" seine Geschichte auf. Oft hat man das angenehme Gefühl, dass jedes Wort sitzt, wie die perfekten Pinselstriche bei einem Meisterwerk. Man merkt nichts davon, dass es sich um das erste Buch von Dominic Smith handelt, so sprachlich ausgefeilt wie er schreibt und so leicht, wie er dem Leser die ungewöhnlichen Verwicklungen ohne Hast nahebringt.

Die Romanfigur, die Malerin des Goldenen Zeitalters der Niederlande Sara de Vos hat reale Vorbilder, denen das Buch huldigt. Zwei Frauen (Sara an Baalbergen und Judith Leyster), die als Malerinnen versuchten, in der von Männern beherrschten Kunstszene des 17. Jahrhunderts Fuß zu fassen, sind die Künstlerinnen, auf deren Leben es im Buch Hinweise durch die fiktive Sara gibt. Sara de Vos muss sich nach dem frühen Pesttod ihrer Tochter allein durchs Leben kämpfen und schafft dies trotz vieler Widrigkeiten durch ihre Malerei.
Allerdings spielt das Buch nicht ausschließlich in der Vergangenheit. In der Gegenwart begegnet man der Kunstprofessorin Ellie, sie ist Spezialistin für das Goldene Zeitalter und in den 1950er Jahren  in New York und im Jahr 2000 in Sydney eng mit dem Gemälde "Am Saum eines Waldes" von Sara de Vos verbunden. In New York wurde das jahrhundertelang in Familienbesitz der Familie de Groot befindliche Meisterwerk gestohlen und durch eine Fälschung ersetzt, in Sydney soll es mit Ellie als Kuratorin ausgestellt werden, wobei plötzlich zwei Gemälde auftauchen.
Anders als erwartet und sehr passend findet die Geschichte sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart zu einem schlüssigen Ende.

Es ist ein sprachlich ausgefeiltes, ruhig erzähltes Buch, das durch die Geschichte selbst viel Spannung erzeugt und das ich in sehr kurzer Zeit gelesen habe. Die Figuren der Malerin Sara im Goldenen Zeitalter und der Kunstkennerin Ellie in der Gegenwart sind mir beim Lesen sehr nahe und greifbar gewesen. Beide verbindet der Kampf, sich in der Kunstszene behaupten zu müssen, und das tun sie beide mit großer Bewusstheit über ihr Können, was letztlich mehr oder weniger erfolgreich ist. Das vermag der Autor beim Lesen zu vermitteln, ohne feministisch-kämpferisch den Zeigefinger zu erheben.
In jedem Zeitabschnitt, den der Roman streift, wird man als Leser an Nebenschauplätze entführt, die alles sehr rund machen. Im 17.Jahrhundert ist dies zum Beispiel ein Gefühl für die Lebensart in Amsterdam und auf den Landsitzen, die alles beherrschenden Gilden und ihre Macht. In den 50er Jahren in New York treibt man sich zusammen mit Ellie unter anderem in kleinen Jazzclubs herum. Nebenbei erfährt man von der Pingeligkeit der Arbeit eines Kunstfälschers und von den modernen Methoden zur Aufdeckung von Fälschungen, alles sehr passend mit der Geschichte verwoben.

Fazit
Der Roman hat für mich alles, was ein wirklich gutes Buch braucht und erzählt noch dazu eine sehr ungewöhnliche Geschichte auf ruhige, unvorhersehbare Art. Unbedingt lesen, es lohnt sich wirklich.



Dominic Smith
Das letzte Bild der Sara de Vos
Roman, gebunden, 352 Seiten
Verlag: Ullstein
ISBN 978-3550081873
20,00 €

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