21. März 2017

Gemütlicher Krimi aus Amsterdam





Ich bin Neuling in der erfolgreichen und gelobten Krimireihe um den Hobbydetektiv Pieter Posthumus vom Autorenduo Britta Bolt. Im Hoffmann und Campe Verlag erschien in Februar 2017 der dritte Teil "Der Tote im fremden Mantel", ein beschaulicher und solider Krimi, den man hervorragend ohne Vorkenntnisse der Vorgängerbände lesen kann.

Was haben ein einsamer toter Junkie in einem teuren Kamelhaarmantel, eine globale Energiekonferenz in Amsterdam und ein ehemaliger Hausbesetzer miteinander zu tun?
Pieter Posthumus arbeitet für die Stadtverwaltung Amsterdam im "Büro der einsamen Toten", wo er sich voller Hingabe um die würdige Bestattung von unbekannten oder in Einsamkeit gestorbenen Menschen kümmert. Ein toter Junkie in einem viel zu teuren Mantel landet bei ihm, und als Pieter in der Innentasche des Mantels die Visitenkarte eines Teilnehmers der Energiekonferenz "Earth 2050" findet, der kurz zuvor überfallen wurde und später ebenfalls stirbt, ist sein Interesse geweckt und er beginnt in Sherlock-Holmes-Manier zu ermitteln. Er stochert bei seinen Untersuchungen in ideologischen und persönlichen Motiven, kreuzt die eigene Vergangenheit in Form von Hausbesetzerfreunden, die als Demonstranten gegen die Energiekonferenz agieren und nicht ganz unschuldig erscheinen, und gerät in Konflikt mit dem organisierten Verbrechen im Amsterdamer Rotlicht-Milieu.

Die Geschichte entwickelt nur sehr langsam Spannung, viel Raum nehmen die gemütliche Amsterdamer Lebensart, der persönliche Bereich von Pieter und sein Alltag ein. Es ist angenehm und schön, gemeinsam mit ihm in seiner Wohnung an der Kracht zu frühstücken, mit der Fahrrad und Schirm in der Hand auf den Markt zu fahren, seine Freunde abends in der Kneipe "Dolle Hond" kennenzulernen, ohne dass der Text dabei zu beschaulich und langweilig wird. Man erfährt beim Lesen auch als Serienneuling genug background, um sich ein Bild von den vielen Charakteren und den schönen Nebenschauplätzen machen zu können, ohne überfordert zu sein. Genießerisch berichtet die Geschichte von den vielen gemütlichen Ecken Amsterdams, von der Freundschaft und Verbundenheit in Quartierskneipen und von der Freude, frisch auf dem Markt gekauftes zu kochen und zu genießen. Man wird sehr schnell warm mit den Figuren und dem Umfeld, fühlt sich beim Lesen wohl und integriert.

Die Krimihandlung nimmt viel Raum im Buch ein und entwickelt gegen Ende der Geschichte auch eine Brutalität, die mir allerdings wie ein kleiner störender Gegenstand vorkam. Spannung wird anfangs sehr langsam aufgebaut, es gibt viele Nebenschauplätze und Verwicklungen, denen der Faden folgt. Dadurch verzettelt sich der Krimiteil der Handlung leider etwas zu sehr. Am Ende hingegen stürmt der Fall mit ziemlich brutalen Details in Hochgeschwindigkeit zur Auflösung. Das passt in meinen Augen nicht sehr gut zum Rest des Buches, in dem Pieter Posthumus viele winkelige und verschlungene Wege geht und nicht geradewegs auf das Ziel losrennt.

Nach den Rezensionen zu den vorangegangenen Bänden hatte ich mir mehr Handlung zu Pieters Arbeit als Organisator von Bestattungen in seinem Amt für Katastrophenschutz und Bestattungen erhofft. Das wird im vorliegenden Band wenig berührt, was ich ein wenig schade finde. Andererseits ist es für mich jetzt fast Pflicht, die beiden hochgelobten Vorgängerbände der Reihe zu lesen.

Fazit
Das Buch ist eine solide Kriminalgeschichte mit vielen Nebenschauplätzen und Charakteren, die eine angenehm zu lesende Hommage an die Stadt Amsterdam und die holländische Lebensart bietet, ohne hausbacken zu sein. Für Liebhaber von Regionalkrimis ein lesenswertes Buch, für hartgesottene Krimifans dürfte die Handlung allerdings zu wenig Spannung bieten.


Britta Bolt "Der Tote im fremden Mantel"
Roman gebunden, 304 Seiten
Hoffmann und Campe Verlag
17. Februar 2017
ISBN 978-3455406269
20,00 €

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